Es gibt nur wenige Dokumente und noch viel weniger Fotos vom Vereinsleben der vergangenen Jahrzehnte. Somit muss diese Zeitreise der Versuch einer Rekonstruktion bleiben.
Bis 1942 waren die Steinhagener, Amshausener und Brockhagener Imker in den Vereinen Halle und Isselhorst organisiert.
Der Deutsche Imkerbund existiert in seiner organisatorischen Form bereits seit 1933 nicht mehr.
Es war ein dunkles Kapitel
Im Jahre 1942, am 1. April wurde die Ortsfachgruppe Steinhagener Imker gegründet.Es handelte sich um eine Zwangsgründung, die das Reichsernährungsministerium verfügte.
Deutschland befand sich bereits im 3. Jahr eines unseligen Krieges gegen den Rest der Welt.. Wahlen finden nicht mehr statt. Präsident der Reichsfachgruppe Imker ist der Lehrer, Imker und ehemalige Abgeordnete der DNVP ( Deutschnationale Volkspartei) im preussischen Landtag Karl Hans Kickhöffel. Er ist ein glühender „Rechtsnationaler“, der die Gleichschaltung der Imkervereine in Deutschland mit großer Überzeugung und Engagement durchsetzt. Er war aber auch maßgeblich beteiligt an der Einführung des Einheitsglases für deutschen Honig, am Zustandekommen der Honigverordnung und erreichte 1936 die Steuerbefreiung des Futterzuckers für Bienen.
Erwähnenswert ist das in diesem Zusammenhang späte Gründungsjahr, da bestehende Vereine ja bereits seit 1933 „gleichgeschaltet“ waren, wurde der IV Steinhagen tatsächlich auf offensichtlich starken Druck hin zwangsgegründet.Das dies mit wenig Begeisterung der betroffenen Imker erfolgt sein muss, lässt das späte Gründungsjahr 1942 vermuten. 25 Männer waren Mitglieder der “ersten Stunde“, Ewald Schreiber der erste Vorsitzende.
Seit 1936 gab es die Steuerbefreiung auf Futterzucker und eine rationierte Zuckerzuwendung von 4,5 kg pro Volk zur Herbstfütterung.Im Gegenzug mussten die Imker im neu gegründeten Verein der seit 1939 bestehenden Verordnung zur Sicherung der Lebensmittelversorgung und Versorgung mit kriegswichtigen Gütern Folge leisten.
Pro Volk mussten 2-3kg Honig und seit 1940 auch Bienenwachs an eine Sammelstelle abgegeben werden. Es ist anzunehmen, dass auch diesem Zwang nur widerwillig nachgekommen wurde… Im Jahr 1946 wurde von Steinhagen von 202 Bienenvölkern 536,5 kg Honig abgeliefert!
Im Gegenzug erhielt der Verein 950 kg Zucker zum Füttern der Tiere, Holz zur Herstellung der Beuten und 2 Schachteln Schwefelhölzer.
Erwähnenswert ist eine Rechnung der Deutschen Reichsbahn über den Transport eines Güterwaggons mit 60 Bienenvölkern in die Heide! Vier Imker wanderten zur Ausnutzung der Weißklee- und Heidetracht nach Uchte/Nienburg (100km)
Imkerei war damals ein durchaus wichtiges Zubrot und finanzielles Standbein und wurde, anders als heute, mit entsprechendem Aufwand und einer beträchtlichen Anzahl an Bienenvölkern betrieben.
Nach Ende des Krieges kam es zu einer Wiederaufnahme der Verbandsarbeit. Der Vorstand wechselte und seit 1946 erschien mit dem „ Imkerfreund“ die 1. Imkerzeitung nach dem Krieg. Nach Ende des Kriegs lässt sich anhand von Mitgliederkarten eine Fluktuation an Mitgliedern feststellen.Die männliche Schreibweise ist hier tatsächlich angebracht, da die Imkerei zu der Zeit ein fast ausnahmslos männliches Feld war. (Heute freuen wir uns über 8 Imkerinnen im Verein.)
Offenbar gab es einige Imker, die aufgrund der Zuckerzuteilungen Bienen gehalten hatten…
Mit dem Wegfall dieses Privilegs erlosch wohl auch deren Motivation zur Imkerei.
In den folgenden Jahren fanden viele Vereinsfahrten, Essen und Feiern statt.
Die Belege zeugen davon, dass aus dem erzwungenen Verein eine Gemeinschaft geworden ist. In den Jahrzehnten nach Kriegsende unterhielt der Verein eine eigene Belegstelle zur Bienenzucht in der Patthorst. 1956 verkauften 31 Vereinsmitglieder 137 Zentner Honig zu Preisen zwischen 3,25 DM und 3,75 DM je Pfund.
1977 kam die Varroa-Milbe nach Deutschland. Sie ist vor allem durch den Versand von Bienenvölkern und Königinnen aus Asien eingeschleppt worden. Die Bekämpfung der Milbe beeinflusst die Imkerei seitdem wesentlich.
Um 1980 wurde in Eigenarbeit ein Verkaufsstand aus Blech gebaut. Einige Jahre später, nach einem Sturmschaden, wurde aus der Hütte dann ein rollbarer Wagen, der mit Traktor gezogen wurde. Diese markante Hütte war für viele Jahre eine Institution auf dem jährlichen Weihnachtsmarkt und war weit über Steinhagen hinaus bekannt. Die Imker verkauften neben großen Mengen Honig zu günstigen Preisen auch Met, Honigmilch, selbst gedrehte Kerzen und selbstgebackenen Honigkuchen.
Der demografische Wandel und der damit verbundene Mangel an jungen Imkern machte das Vereinsleben dann in den 2000er Jahren zunehmend schwieriger.
Kurzzeitig wurde sogar über einen Zusammenschluss des Vereins mit einem benachbarten Verein nachgedacht.
Das Interesse an der Imkerei belebte sich zusehends und der Fortbestand des Vereins war somit gesichert.
Pünktlich im 75. Jahr des Bestehens konnte ein neuer, zeitgemäßer Verkaufswagen auf dem Weihnachtsmarkt seinen Einstand feiern.
Möglich gemacht wurde der neue Wagen durch viel Eigenleistung und eine großzügige Spende der AGS.
Heute präsentiert sich der IV Steinhagen bunter als je zuvor mit vielen neuen Mitglieder, Frauen und Männern gleichermaßen und steigenden Mitgliederzahlen!
Wir wollen weiter an Steinhagener Festen als Verein mit unserem Stand dabei sein und vielen Leuten die Bienen näher bringen und damit auch andere Insekten, um einen besseren Blick auf unsere sensible Natur zu bekommen.